30.03.2013 von
Thema: Was bedeutet 'grant`lhuber' ?
30.03.2013 von
30.03.2013 von System1
o jo, meine frohnatur hat mir vor 2 1/2 jahren das leben gerettet. wenn ich ein böser grant`lhuber gewesen wäre, – die würm hätten mich schon längst abgefieselt gehabt."
Standartdeutsch in österreich? Umgangssprache? Mundart?
02.04.2013 von System1
Die Bezeichnung 'Grantlhuber' (gross!) ist gemeindeutsch (Standard in at, ch, de) ein Miesmacher, aber einer mit scharfem, oft verletzendem Zynismus. Ein Grantlhuber lacht nicht oft. Sein beißender Spott kann ins Menschenverachtende umschlagen.
In Österreich ist 'Grantlhuber' standarddeutsch, in Süddeutschland dialektal.
Das entsprechende Adjektiv 'grantig' (= in gereizter Stimmung, bärbeissig) ist Standard in der Deutschschweiz und in Österreich.
http://de.wiktionary.org/wiki/grantig
Das Nomen der 'Grant' (= gereizter Unwille) ist österreichisches Standarddeutsch.
http://de.wiktionary.org/wiki/Grant
03.04.2013 von System1
@oberhaenslir : Vielen Dank für Ihre klare Darstellung.
06.04.2013 von Koschutnig
@ Kiat
In Österreich ist 'Grantlhuber' standarddeutsch Das meint ein Schweizer, und das sagt dieser Schweizer so leichthin in völligem Widerspruch zum bedeutendsten Fachmann für die deutschen Sprachvarianten, zu Ulrich Ammon, der im "Variantenwörterbuch des Deutschen" (Berlin 2004, S. 306) den "Grantlhuber" als "D-südost, abwertend, Grenzfall des Standards" einstuft . Da ist kein "A" für "Austria" dabei! http://tinyurl.com/cgm9m9t
Auch wenn du im superchat.at-Forum auf deinen "grant'lhuber" gestoßen bist, so ist es doch sicher, dass man ihm - dem Wort - in Bayern weit, weit eher begegnet als in Österreich, wo man den "Grantler" (Ammon: "A D-südost") oder "Grantscherben" (Ammon: "A") bevorzugt - den Letzteren so sehr, dass er in Wiener Zeitungen fast nur noch höchst originell als "Grantscherm" auftaucht
Der Grantlhuber ist eine im Bayerischen sehr beliebte Figur, wovon diverse Buchtitel und zahlreiche Gestalten im bayerischen Schrifttum (Franziska Ried, Heinz Vestner, Elisabeth Kinberger, Walter Hueck, Elfie Donnelly u.a. ) zeugen:
* Otto Steuerl: "Grantlhuber. Bissige, boshafte und humorvolle Geschichten aus der altbaierischen Landschaft"
* Manfred Bacher: "Grantlhuber und Zwiderwurzn. Heiteres vom Meisinger Bene und seiner Lina", Verlag Bayerland
Logischerweise ist daher auch das Verwendungsbeispiel bei Ulrich Ammon, der hypochondrische Grantlhuber, durch und durch bayrisch - vom Bayerischen Rundfunk am 14.12. 2000.
LG
K.
09.04.2013 von System1
@Koschutnig:
Ich bedanke mich für Ihre eingehende Korrekturen und Ergänzungen!
Gruß,
Kiat
11.05.2016 von Kuser6105ab
Mir ist (in Wien) viel eher der "Grantscherm" ein Begriff, einer der ständig grantig (schlecht drauf sozusagen) scheint.
11.05.2016 von JoDo
dass man im Forum nicht auch Pluspunkte vergeben kann ...
11.05.2016 von Koschutnig
Seit Jahren schon kämpf ich verzweifelt und leider ziemlich erfolglos um das im „Scherm“ verloren gegangene –b- ( „zuweilen wird scherben zu[/] scherm abgeschliffen“, stand ja bereits im 19. Jh. im Grimmschen Wörterbuch.)
und vor allem geht’s mir um das deshalb dummerweise gänzlich verloren gegangene Verständnis für das fragliche Objekt.
Der Scherben ist ein irdenes Gefäß, eben ein „Kåchel“ – auch hier das Material fürs Gefäß! - und um die Mitte des 19. Jh erklärte Ignaz Franz Castelli zum „Scherben“ : „österr. speciell für 'nachttopf'“ (steht auch im Deutschen Wb. der Brüder Grimm!).
Der Scherben gibt es allerdings verschiedene, doch 2 sollte man kennen: Der Grantscherben diente als Sauertopf (im dt. Norden der „Surpot“) zur Essigbereitung wie der Essigkrug, und in übertragenem Sinn ist der Grantscherben nun eben ein mürrischer „sauertöpfischer“ Mensch.
Wenn man ein solches Gefäß aus welchem Grund auch immer übergestülpt bekam und folglich „den Scherben auf“ hatte, stand man wie ein begossener Pudel da und dabei hing der Grad an Peinlichkeit davon ab, welcher Art der übergestülpte Scherben war, denn wenn’s ein voller Nachtscherben[/] war, dann Pfüatigott! Alban Berg, einer der großen Komponisten Österreichs des letzten Jahrhunderts, hatte allein von dessen Geruch schon die Nase voll und berichtete davon seiner Frau:
„Als schließlich neben mir ein Nachtscherben aufgestellt wurde, auf dem eines der lieben Kleinen »schön wi-wi« machte und mir der vor der Nasn vorbeigetragen wurde - - erhob ich mich beleidigt und ging in den Speisewagen, wo ich … dir, lieb’s Pferscherl, schreibe…“ - Das musste seine Frau doch interessieren!
(Alban Berg, "Briefe an seine Frau", hg. v. Helene Nahowski Berg, Langen, München 1965, S. 241) http://tinyurl.com/bwnfmct